Brecht (2/2) Das Einfache, das schwer zu machen ist

Di, 13.05.  |  0:45-2:15  |  NDR
Untertitel/VT Hörfilm/AD Stereo  Serie/Unterhaltung, 2018

BRECHT, der Film in zwei Teilen von Heinrich Breloer. Sein neues Dokudrama führt das Leben des meistgespielten deutschen Dramatikers des 20. Jahrhunderts in all seinen Widersprüchen, Ambivalenzen und Brüchen vor - und erhellt von da aus sein Schaffen auf überraschende Weise neu.

Die Rolle des jungen Brecht spielt Tom Schilling; Burghart Klaußner hat die Rolle Brechts in den Nachkriegsjahren übernommen. In weiteren Hauptrollen spielen Adele Neuhauser und Lou Strenger als Helene Weigel in jungen und späteren Jahren, Trine Dyrholm als Brechts dänische Geliebte und Mitarbeiterin Ruth Berlau, Mala Emde als Paula Banholzer, Brechts erste Liebe, und viele andere prominente Schauspielerinnen und Schauspieler.

Der Film holt Brecht aus dem „Klassikerverlies" (Der Spiegel), und macht ihn neu zugänglich. Vor allem zeigt er, dass die Fragen, die Brecht umtrieben, nach wie vor hochaktuell sind, und seine Stücke wie die Lebensgeschichte dahinter uns heute noch angehen. Es sei „das Recht auf den Zweifel, auf das Denken in Widersprüchen und das Beharren auf der Vernunft", so Heinrich Breloer, das Brecht immer wieder eingefordert hat und das uns gerade jetzt in verunsicherter Zeit erneut als Maßstab dienen kann. Breloers Film ist auch ein Plädoyer für die Kraft der Kunst und was sie an Neugier, Erkenntnis und Veränderungslust in den Köpfen der Menschen freisetzen kann: anspruchsvoll und formend im besten Sinne.

Bereits Ende der 1970er Jahre hatte sich Heinrich Breloer mit einer Fernsehdokumentation der Figur Brecht angenähert und dafür viele Gespräche mit Zeitzeugen geführt. So konnte er sogar noch mit Brechts erster Liebe Paula Banholzer, mit seinen Mitschülern und Jugendfreunden sprechen. Für den aktuellen Film kamen zahlreiche Interviews mit Mitarbeitern und Wegbegleitern Brechts aus den letzten Jahren hinzu. Zusammen mit dokumentarischem Material aus den Archiven und intensiven Recherchen vervollständigen sie Breloers Film in zwei Teilen zum eindringlichen Doku-Drama, das Brechts Prinzipien des epischen Theaters bis hinein in die Erzählweise ernst nimmt und die Zuschauer zum kritischen Mitdenken auffordert.

 

Paula Banholzer (Mala Emde) zieht mit Brecht (Tom Schilling) den gemeinsamen Sohn Frank in einem kleinen Wagen hinter sich her. Bild: Sender / WDR / Stefan Falke
Paula Banholzer (Mala Emde) zieht mit Brecht (Tom Schilling) den gemeinsamen Sohn Frank in einem kleinen Wagen hinter sich her. Bild: Sender / WDR / Stefan Falke
Brecht - von den einen geliebt, von den anderen boykottiert. Der zweite Teil der Doku-Fiktion über den deutschen Dramatiker befasst sich mit den Jahren nach der Rückkehr aus dem Exil in Ostberlin. Vom DDR-Regime wird er wegen seiner nicht linientreuen Inszenierungen argwöhnisch beäugt, in der BRD wird er als „Parteigänger der Gewaltherrschaft“ stark kritisiert. Fiktionale Szenen, Zeitzeugenberichte und Archivmaterial zeigen, wie Brecht es trotzdem schafft, mit dem Berliner Ensemble das Theater seiner Zeit zu prägen. Hilfe erhält er dabei u.a. von seiner Frau Helene Weigel, die trotz seiner privaten Eskapaden an seiner Seite bleibt.

„Das Einfache, das schwer zu machen ist“, so beschreibt Brecht in seinem Stück „Die Mutter“ den Kommunismus.
Im zweiten Teil der Doku-Fiktion erleben wir den deutschen Dramatiker nach seiner Rückkehr aus dem Exil als Regisseur am Berliner Ensemble, voller Witz und Einfälle. Er ist zunächst Gastregisseur am Deutschen Theater, wo er mittels seiner Arbeit auch die „Knechtseligkeit“ und den Untertanengeist der Deutschen als Ursache des Faschismus untersucht. Seine Frau Helene Weigel ist dort nicht nur Schauspielerin, sondern übernimmt auch die organisatorische Verantwortung. Die interviewten Zeitzeugen sind sich einig: Ohne sie hätte es das Ensemble so nicht gegeben. Auch weil der unbequeme Autor Brecht, der sich nicht an die Vorgaben der Kulturpolitik hält, von den Entscheidungsträgern der DDR kritisch beobachtet wird.
Ein Wendepunkt für den Künstler werden die Tage um den 17. Juni 1953. Ein Aufstand von Arbeitern in einem Arbeiterstaat ist ein Widerspruch, der nach den Regeln des Marxismus nicht vorkommen dürfte. Weshalb dieser vonseiten der Regierung mit Gewalt niedergeschlagen wird. Noch am gleichen Tag versendet Brecht mehrere Solidaritätsbekundungen, darunter auch eine an den stellvertretenden Ministerpräsidenten Walter Ulbricht. Ein aus dem Kontext gelöster Ausschnitt dieses Briefs wird wenige Tage später in der Zeitung veröffentlicht und diskreditiert Brecht nachhaltig. Im Westen boykottieren daraufhin mehrere Bühnen Brechts Werke. Im Osten kommt es nicht zu der von dem Dramatiker erhofften „großen Aussprache“ mit den Arbeitern. Dennoch glaubt Brecht weiterhin, die Menschen mit seinen Werken erreichen zu können, und kämpft für seine Vision eines neuen, in die Wirklichkeit eingreifenden Theaters …

Darsteller:
Tom Schilling (Bertolt Brecht 1916-1933)
Burghart Klaußner (Bertolt Brecht 1944-1956)
Lou Strenger (Helene Weigel 1920-1933)
Adele Neuhauser (Helene Weigel 1944-1966)
Regie: Heinrich Breloer
Drehbuch: Heinrich Breloer
Kamera: Gernot Roll
Redaktion:
Barbara Buhl
Cornelia Ackers
Sandra Maria Dujmovic
Christian Granderath
Andreas Schreitmüller
Produktion:
Bavaria Filmproduktion GmbH
Satel Film GmbH
Corinna Eich
Jan S. Kaiser
Cutting: Claudia Wolscht
Musikalische Leitung: Hans P. Ströer
Kostueme: Ute Paffendorf
Ausstattung: Christoph Kanter
Klanggestaltung: Miroslav Pibil

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Sendetermine
Brecht (1/2)

Mo, 12.05. um 23:15
Di, 13.05. um 00:45

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